#13 Montalk mit einer kreativen Selbstmacherin

Ich schnacke mit Menschen am Montag. Dieses Mal stellt sich die bezaubernde Nicole Mouzon meinen Fragen.


Der Wert von Selbstgemachtem gewinnt seit Jahren wieder an Bedeutung. Gerade in Zeiten von DIY und DaWanda ist das Selbermachen nicht mehr auf dem absteigendem Ast, obwohl es nicht jederleuts Sache ist.

In “TG/W” war ich immer das Nadelkissen unter den Utensilien: Nützlich, aber nicht weiter zu beachten.

Die Bezeichnung TG/W stand zu Schulzeiten meines Erstklässler-Stundenplans für „Textiles Gestalten und Werken“. Unterricht damals bei Frau Seiler.
Irgendwie ertränken sich meine Erinnerungen in Sepia.  Frau Seiler liebte Kaffee und war mehr damit beschäftigt ihn zu trinken als uns zu unterrichten.


Von Handarbeit und Selbstgemachtem photo-1466027241446-fb64b6d0de6a

Nützliche Erkenntnis aus dem Handarbeits-Unterricht:
Wer sich leicht umgarnen lässt, ist schnell schiefgewickelt

Meine erste eigene Handarbeit war eine gehäkelte Eule aus weinroter Wolle, die ich mit Watte ausstaffiert hatte. Sie trug einen beigen Kopf mit Knopfaugen. Als Ohren zwirbelte ich kleine Fadenreste zurecht. Ich schenkte sie meinem Opa zu Weihnachten und er tat so, als reichte ihm die kleine Eule als Kopfkissen für ein Mittagsschläfchen auf der Eckbank aus.
Wenn ich nicht mehr hinsah, schob er sich heimlich ein größeres “Kissen” unter den Kopf.

photo-1468322638156-074863f9362eIch teilte die Freude der anderen Kinder an Bastelarbeiten und textilem Gestalten nicht. Oft, wenn ich mal wieder die Nerven verlor, half mir meine Mama, bei allen Strick-, Stick-, und Näharbeiten. 
Mit dem Töpfern konnte ich mich noch einigermaßen anfreunden und auch das Malen in Kunst brachte mir eindeutig mehr Spaß, als mich mit Kleber, Schere, Häkelnadel oder Stoffen zu beschäftigen.

Auch meine Erzieherinnenausbildung änderte nicht viel an meinem Frust am Selbermachen, sodass ich vermute, dass zukünftig sehr viel filigranes, gedulforderndes und gestalterisches mit meinem Mann zusammen stattfinden muss.

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Jede Handarbeit ist auch Kopfarbeit.
© Peter F. Keller 
(*1949), Schweizer Autor


Ich les‘ immer nur Handarbeit 

Da der letzte MontalkSchnack vor meiner Babypause, aus gegebenem Anlass, mit, ach das verrate ich noch nicht, am 26.9. schon feststeht, war ich letzte Woche Donnerstag ganz kurzfristig auf der Suche nach einem Schnackpartner. Was wäre ein Montag schon ohne Montalk?
Auf Facebook hatte ich dazu aufgerufen, sich zu melden und ich war angenehm überrascht, dass ich offenbar auf der Suche nach 
Nicole Mouzon gewesen war.

Die war wiederum durch den Talk mit Sitta Derstroff auf meinen MontalkSchnack aufmerksam geworden und ich bin nahtlos froh, dass ich sie kennenlernen durfte.

Nicole Mouzon beschreibt sich selbst als kreativer Kopf und ausführendes Organ bei “La petite France”. So heißt ihre Seite auf Facebook und wenn man die aufruft, findet man all die bezaubernderen Handarbeiten, die ich in den vergangenen Jahren nicht zustande gekriegt hätte.
Screen Shot 2016-09-18 at 2.07.07 PMGut also, dass ich Nicole gefunden habe oder sie mich? Auch wenn sie ihre Handschätze nicht verkauft, sind sie eine Wohltat fürs Auge und bepinseln meine Facebook-Timeline. Und ein Däumchen spendiere ich für solche kreativen Ergüsse doch zu gerne, denn man bedäumt schließlich was gefällt.

Doch jetzt lernt ihr sie doch bitte erstmal kennen. In meinem vorletzten MontalkSchnack.
Auf die Handarbeit und das Selbstgemachte. 



Handarbeit hat Seele.
© Frank Dommenz 
(*1961), Malermeister und Illustrator

 

Wie war dein Wochenende Nicole Mouzon, kreativer Kopf und ausführendes Organ bei „La petite France“
?

So wie ein Wochenende für mich sein soll: entspannt, kreativ, gesellig. Hatte Zeit mit meiner Familie, hab neue Nähprojekte geplant und war auf der Geburtstagsfeier einer lieben Freundin.

Deine FB Seite »La petite France« ist bunt und strotzt nur so von kreativem Fluss. Ihr konnte ich entnehmen, dass du 2015 mit »La petite France« an den Start gegangen bist. Allerdings verrätst du auch, dass du dich nicht ausschließlich mit »Schönigkeiten aus Stoff, Ideen & Liebe« beschäftigst. Du bist auch noch Zweifach-Mama und kreativ tätig in deinem Job bei der Rheingauer Volksbank eG, im Bereich Marketing und Öffentlichkeitsarbeit.
Hast du noch mehr Talente?

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© Nicole Mouzon

Diese Frage selbst zu beantworten, käme mir ein bisschen arrogant vor. Also habe ich meine 14-jährige Tochter gefragt. Sie antwortete mir wie aus der Pistole geschossen: „Mama, du kannst echt gut Schreiben, Organisieren und ganz viel Reden“. Dem möchte ich nix hinzufügen 😉

Wann gehen dir die Ideen aus?

Ehrlich gesagt gehen mir im Moment die Ideen gar nicht aus, da ich ja freiwillig kreativ bin und mich entschieden habe, selten auf Bestellung und nie nach zu engen Vorgaben zu werkeln. Mengenproduktion oder ganz konkrete Auftragsarbeiten würden meine Kreativität und Motivation mit Sicherheit ziemlich schnell gegen Null sinken lassen.

Wie viele Rollen schafft Frau von Welt heutzutage und nervt es nicht manchmal, dass du dir alles selbst herstellen kannst? Würdest du nicht auch mal gerne etwas Selbstgemachtes geschenkt bekommen? Wenn ja, was?

Ich denke, Frau oder auch Mann kann eine ganze Menge Rollen schaffen, solange sie/er es aus dem Herzen und mit Freude tut. In meinem Fall habe ich echt Glück. Meine Arbeit macht mir Spaß, ich liebe meine Familie und das Selbermachen erfüllt mich und gibt mir wahnsinnig viel Energie.
Warum sollte es mich nerven, Dinge selbst Barbara Casasolaherstellen zu können? Das macht mich frei und die Dinge individuell. Allerdings bin ich weit davon entfernt, alles selbst zu können 😉
Ich glaube, jeder Selbermacher freut sich über ein selbstgemachtes Geschenk. Ich würde mich am meisten über etwas freuen, das ich selbst nicht kann oder nicht gern mache. Ich finde z.B. selbstbedruckte Stoffe total klasse (hab selbst absolut keine Lust auf Stoffdruck). Toll finde ich auch Arbeiten aus Holz oder selbstgravierte Stempel.

Erzähl mal: Wieso, weshalb, warum, wann, wie, wodurch oder durch wen hast du bemerkt, dass dir das textile Werken und Gestalten, dass die Freude am Selbermachen, zu deinem Alltag und Leben gehören?

Gute Frage. Irgendwie ist mir vor 4 Jahren das Nähen einfach zugeflogen. Ich kann mich absolut nicht daran erinnern, wie ich auf die Idee kam…
Kreativ sein und Dinge schaffen hat allerdings schon immer zu meinem Leben gehört. Früher habe ich Aquarell gemalt, dann kam mit den Kindern die große Bastelphase, danach hab ich eine Zeit lang gehäkelt und jetzt ist es das Nähen. Mal sehen, was noch so kommt.

Pourqoui: Woher kommt dein Bezug zu Frankreich? Warum hast du deine FB-Seite »La petite France« genannt?A photo by JOHN TOWNER. unsplash.com/photos/Hf4Ap1-ef40

Frankreich habe ich schon immer geliebt: französische Brieffreundschaften, Leistungskurs Französisch, Ferienjobs in Frankreich, Studium in Paris und Lyon… Dass ich dann an meinem früheren Wohnort München einen Franzosen kennenlernte, war wohl Schicksal. Nun sind unsere beiden Kinder zweisprachig und wir total stolz darauf.
Wir leben zwar in Deutschland, aber irgendwie auch in einer kleinen französischen Blase. Wir kochen, denken, reden Französisch, leben sozusagen in unserem „kleinen Frankreichinmitten des wunderschönen Rheingaus. Hier kann ich wunderbar kreativ sein. Da lag es nahe, meinen Näh-Blog so zu nennen.

Maßgeschneidert: Mir fiel auf, dass du fast ausschließlich für Freunde, Bekannte und Familienmitglieder anfertigst. Was erfüllt dich am Verschenken und Verlosen, am Aussuchen der Stoffe für andere, Selbermachen und Herstellen für »Auftraggeber? Anders: Was war dein aufwendigstes Projekt bisher? Was würdest du niemals anfertigen?

Eine kluge Idee bringt oft mehr als drei Jahre Handarbeit.

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© Nicole Mouzon

Am allermeisten Spaß macht es mir zu überlegen, was einer bestimmten Person besonders gut gefallen könnte. Dann suche ich die Stoffe aus, kombiniere und tüftele. Das macht bestimmt 50 % der kreativen Zeit aus. Das Nähen ist dann nur noch die handwerkliche Umsetzung. Ich fertige deshalb nur für Familie, Freunde und Bekannte, die ich gut kenne, und bei denen ich weiß, was ihnen gefällt (hoffentlich…).
Auftragsarbeit mache ich nur noch selten und Reparaturen gar nicht mehr. Das ist für mich nicht kreativ, sondern richtige „Arbeit“. Und ich nähe nicht zweimal genau das Gleiche, sondern nur Unikate. Ich möchte mit dem Nähen ja kein Geld verdienen, sondern Energie schöpfen und mich künstlerisch austoben.

Textiles Gestalten und Werken: So die Bezeichnung des Schulfaches als ich die erste Klasse besuchte. Wie lautet die Geschichte zu deiner ersten Handarbeit, die du für dich oder jemand anderen als Geschenk angefertigt hast? Um was handelte es sich?

Wir hatten in der Schule immer abwechselnd „Kunst“ und „Werken“. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich für meinen Vater mal ein Schachbrett gefertigt habe. Mein Dad spielt zwar kein Schach, aber er hat sich trotzdem gefreut und ich war damals super stolz.

»Stricken ist was für Omis, häkeln was für Ökos und annähen tut man kaputte Knöpfe«. Wie lockst du Menschen hinter der Nähmaschine hervor, die Handarbeit kategorisch ablehnen? Wie würde dein Werbeslogan für die kreative Handarbeit lauten?

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Es liegt mir fern Leute, die keine Lust dazu haben, vom Selbermachen zu überzeugen. Und wer keine Handarbeit kaufen möchte, der sollte es auch nicht tun. Denn der Wert von Selbstgemachten liegt oft viel höher als der reine Verkaufspreis. Den Wenigsten ist es möglich, Zeit und Material so zu kalkulieren, dass es sich wirklich lohnt. Wer also etwas Selbstgemachtes kauft, sollte es wirklich wertschätzen und dazu möchte ich niemanden überreden.

Wünsch dir was: Stell dir mal vor, du könntest dir mit deinem Lieblingsstoff, aus einem Land deiner Wahl, mit deinen Lieblingsfarben und Mustern, deine ganz persönliche Handarbeit erfüllen. Würdest du nähen, knüpfen, häkeln, basteln? Wie sähe das Ergebnis am Ende aus, würdest du es verschenken, verkaufen, verlosen oder selbst behalten und wieviel Zeit würdest du damit zugebracht haben?

photo-1466027397211-20d0f2449a3fIm Moment würde ich Nähen. Und dann würde ich erstmal Zeit, Zeit und nochmal Zeit mit der Stoffauswahl und Zusammenstellung verbringen. Ich liebe es, die Stoffe anzufassen, zu kombinieren, alles wieder umzuwerfen und neu zu kombinieren. Das ist für mich der schönste Teil.
Was dabei herauskäme? Wahrscheinlich eine Tasche oder etwas aus Patchwork. Das sind die beiden Bereiche, die ich am liebsten mag.
Verkaufen würde ich ein solches Meisterstück auf keinen Fall, aber vielleicht verschenken – jemandem, bei dem ich weiß, dass er es wirklich schätzt.
Wieviel Zeit ich dafür brauche, kann ich eigentlich gar nicht sagen. Ich achte nicht auf die Zeit, da ich ja i.d.R. keinen Abgabetermin habe (nur ab und zu, wenn ich Schnittmuster probenähe). Jedenfalls wäre es viel Zeit. Viel mehr als die meisten denken…

Kreativität kann man auf viele verschiedene Arten sein. Man kann ja auch kreativ mit Geld umgehen, nicht?
Bitte vervollständige: Kreativität bedeutet für mich 
…

… bestimmte Personen und meine bunten Ideen so zusammenzubringen, dass das geschaffene Werk genau zu dieser Person passt. Man muss sehen und fühlen können, dass es mit Liebe und für DIESE EINE Person kreiert wurde.

Was wäre, wenn ich eine gute Frage wäre? Wie würde ich lauten?

Wie kann ich dir Freude nähen?


Ach Nicole, Freude nähen – das ist eine wunderbare Idee. Und es ist möglich, schaue ich mir deine Arbeiten an. Unser Schnack jedenfalls, der hat mir schonmal Freude gebracht und wer weiß, wenn wir uns länger kennen, vielleicht nähst du ja auch mal was für mich.


Liebe Leser und Leserinnen, wie immer an dieser Stelle und zum vorletzten Mal:
Danke für eure Aufmerksamkeit.  Wir freuen uns über Kommentare, Anregungen und vergesst nicht: Handarbeit ist das, was du machst. 

Eure
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