Anleitung zum Gedichte schreiben: Teil II

EINE ANLEITUNG ZUM GEDICHTE SCHREIBEN

Ein Reim
allein
macht noch
lange kein
Gedicht

Reimen ist doch gar nicht schwer. Und dichten? Was ist eigentlich Lyrik und kann etwas pathetisch, aber nicht poetisch sein? Geht Poesie ohne Album, ab wann darf man sich Dichter oder Dichterin nennen und was muss man beim Gedichte schreiben beachten?

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Kann man Gedichteschreiben lernen?

“Wie fang ich’s nach der Regel an?
“Stell selbst die Regel und folg ihr dann!”

(Hans Sachs)

Wie hat es geklappt? Konntest du Zeit finden, dich in einem Selbststudium mit den klassischen Strophenformen, Verslehre, Rhythmus, Reimarten, Stilmittel usw. auseinander zu setzen? Ich hatte eine interessante Konversation mit einer Instagramfreundin. Gemeinsam haben wir per Messenger zwei Verse auseinander genommen und anschließend über das Metrum diskutiert.

Was wir für eine Lehre daraus gezogen haben

Das klassische Versschreiben lässt sich erlernen. Aber was ist mit dem Gedichteschreiben an sich? Wo findet man diese sogenannte Muse, von der alle reden? Wie findet man besondere Worte? Wie erzeugt man Gefühl beim Leser oder Zuhörer?

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Inspiration

Ich würde gerne sagen, dass sich Inspiration auf eine Quelle bezieht. Tut sie leider nicht. Nicht umsonst gibt es neun Musen. Inspiration ist nicht abhängig von der Person, die sie schöpft, sondern auch von der Umgebung, an der sie empfunden wird. Die Inspiration definiert sich als „Idee“, oder „Einfall“. Manche Schriften sprechen sogar von dem „göttlichen Hauch“ oder der „Eingebung“. Oftmals ist es das Kleine, das Winzige und Unerwartete, das dem Inspirationssuchenden seinen plötzlichen Moment beschert.

Woher schöpfst du deine Inspiration für deine Gedichte?

Momente

Themen und Ideen fliegen uns nicht einfach zu. Oftmals sind es sogar die fixen Einfälle und Blitzgedanken, die potentiell zu dichterischen Assoziationen, Themen und Motiven werden können. Am besten sofort zu notieren, wenn das passiert! Selbst wenn es gerade nicht darum geht, diese Ideen auszuarbeiten. Lass die Gedanken, die in Momentaufnahmen eingefangen werden oder in Begegnungen entstehen, nicht einfach an dir vorüberziehen.

Ideen

corentin-marzin-345626-unsplashManchmal sind es besonders die Gespräche, die man beim Bäcker aufschnappt oder die man während des Kaffeetrinkens mit einer Freundin selbst führt. Vielleicht ist es auch ein Blick, den man am Bahnhofseingang zugeworfen bekommt oder einfach nur die Umarmung des Partners, der etwas in einem auslöst. Der Alltag eines jeden steckt voller Erlebnisse und Geschehnisse, vor allem aber Überraschungen und Eigenheiten, aus denen man schöpfen kann, um einen Vers zusammenzubasteln.

Nicht immer lassen sich Ideen selbstverständlich finden. Da Dichter “nichts anderes mitzuteilen haben, als sich selbst”, gilt es Themen auf ihre Brauchbarkeit zu identifizieren.

Im Gedicht darf man sich alles zum Thema machen.

Das Gedichteschreiben kratzt an deiner Empfindung

Die Schwierigkeit des Gedichteschreibens liegt in der Empfindung. Gedichte müssen also nicht immer kategorisch nach den strengen Regeln des Versbaus verfasst werden. Insofern ist das Gedichteschreiben prinzipiell für jeden erlernbar.

Jeder weiß wie schwer es sein kann, die Facetten des Lebens in prägnante Worte zu fassen, Momente einzufangen. Bei dem Vorhaben seine Gedanken in einen Vers oder gar ein Gedicht  zu packen, wird es noch schwieriger.

Das Erlernen der poetischen Sprache ist gar nicht oder nur zum Teil erlernbar. Es ist etwas, dass der Dichter, die Dichterin empfindest, tief in sich trägt und mit Gedankenbildern nach außen trägt. Poetische Empfindung ist vielen Menschen fremd und nur schwer zu erklären.

Gibt es den einen Text? Das eine Gedicht, dass alle Zuhörer oder alle Leser packt, fesselt und abholt?

 

Ein Erklärungsversuch

Versuchen wir es mit einem Gleichnis. Treffen sich ein Mensch, der nichts mit Gedichten am Hut hat,  ein poetisch empfindender, aber in Sachen Lyrik ungeschulter Mensch, ein Melancholiker und ein Dichter.

Sagt der unpoetische Mensch “Da ist eine Spinnwebe. Und ein Tautropfen.”
Daraufhin frohlockt der poetische Laie: “Wie poetisch ein Tautropfen an der Spinnwebe!”
Der Sentimentale sieht den Tautropfen an der Spinnwebe und beginnt sofort eine Ode an den Tropfen und die Spinnewebe zu verfassen. Er verpackt sie vielleicht in “abgegriffenen Wendungen, geborgten Bildern und schwülstigen Vergleichen.”
Mit seinen Augen wird der Dichter das Gleiche wie die drei anderen erfassen.
Der Unterschied: „[für ihn] … wird der Tautropfen an der Spinnwebe selbst die Metapher”.

Schreibimpuls I

the-climate-reality-project-349094Versuche jetzt mal, deine Umgebung zu beschreiben, indem du all deine Sinne einsetzt. Alles was du jetzt gerade siehst, riechst, hörst, fühlst und schmeckst, erfasse und versuche es niederzuschreiben.  Halte einmal die subjektiven Beobachtungen und Empfindungen fest und achte dabei nicht auf die Wahl deiner Worte. Beschreibe. Auch, wenn du gerade in einen Apfel beißt. Stell dir eine Stoppuhr und nimm dir genau 4 Minuten dafür vor und notiere alles, was dir durch den Kopf geht.

Und, wie war es? Ist es leicht für dich gewesen? Oder lief es eher schleppend?

Und für mich:

kelly-sikkema-399338“Jeder kann Gedichte schreiben”. So lautet zumindest der Titel, den Helmut Heidenbüttel seinem Vortrag “Die Lehrbarkeit des Poetischen” gab. Ein Problem, habe ich mit der Vorstellung nicht, es weckt ja bloß die Geister, die es braucht für ein Gedicht.

Anders: Ich denke, dass nicht jeder Gedichte schreiben kann, der auch Gedichte schreiben will, doch wer will, der darf sich die Freude daran nicht nehmen lassen. Gedichte zu reimen ist nicht schwer. Sie dagegen zu empfinden umso mehr.

Wenn ein Gedicht selbst zum Stilmittel, bspw. zu einer Metapher wird, kommt man dem Gedichteschreiben schon verdammt nahe.

Beim letzten Mal habe ich dir geraten, dich mit Gedichten anzufreunden. Vielleicht sind deine Notizblättern nun voll von Auffälligkeiten, die ein Gedicht besonders machen. Vielleicht hast du bereits einen oder mehrere Favoriten. Gut so!

 

Schreibimpuls II

the-climate-reality-project-349094Nun führe doch mal eine Woche Tagebuch über eines deiner Lieblingsthemen, den Smalltalk mit der Nachbarin – das Wetter. Notiere dir zu verschiedenen Zeiten des Tages, an unterschiedlichen Orten deiner Umgebung die Beobachtungen beispielsweise zum Wetter und lasse dich auf eine kleine naturwissenschaftliche Studie ein. Versuche deine Sinne, wie oben bereits beschrieben, zu benutzen, so wie Goethe es  schon im Jahr 1828 getan hat.

Versuche dann, mit einem gewissen Abstand (am besten ein bis zwei Wochen Später) deine Notizen mit neutralen Augen zu betrachten und hebe die interessanten und markanten Beobachtungen farblich hervor. Begib dich auf Entdeckungsreise und versuche das poetische Potential in deinen Beobachtungen zu ergründen.

Wag dich dann heran, deine  wöchentliche Beobachtung in verschiedenen Gedichtformen zu bringen, sie in streng rhythmisierte, freie oder reimlose Texte zu verwandeln.

Wenn du noch ein Stückchen weitergehen willst, versuche doch mal folgende Begriffe in deinen  Text einzubauen:

Sommern, rot, Krokus, Blütenkelch, Wintersonnenwende, Regen, Frühling, Herbst, grün,  Astern, Hafer, Trauben, Schnee, winterweiß

Leseempfehlung

clay-banks-258326Lies hierzu auch Goethes Gedicht “Dornburg” oder schaue dir  an, wie Paul Celan den Tautropfen an der Spinnwebe empfindet. Es heißt “Zähle die Mandeln”.

Danke für deine Aufmerksamkeit!  Bis zum 5. April 2018. 

Deine

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Quellen:
Knörrich, Otto: Lexikon lyrischer Formen, Stuttgart 1992
Wieke, Thomas: Gedichte schreiben. Gebundene und freie Lyrik schreiben lernen & veröffentlichen, Berlin 2004
Wilpert, Gero von: Sachwörterbuch der Literatur, Stuttgart 2001

Ein Gedanke zu „Anleitung zum Gedichte schreiben: Teil II

  1. Carla sagt:

    Das war das Thema Ausschreibung Dann geht es dich erst richtig los??? Ein Gremium von Ingenieurbüro und 2..3 städtischen Beamten entscheidet über die Vergabe. Es wird ein gerichtsfester Vertrag vorbereitet, vom Rechtsamt geprüft, bei der Abteilung Finanzen angemeldet und endlich abgeschlossen. Dann gibt es eine Anlaufberatung mit Planern und Hochbauamt, mehrere Baukontrollen, eine formelle Abnahme und VOB-gerechte Abrechnung. Nach mehreren Ämterdurchgängen landet dann die Firmenrechnung endlich bei der Stadtkasse zur Auszahlung Ende? Nein Unter der Scheuerleiste lugt ein Schimmelpilz hervor ??? Einfach wegmachen? .never Baustopp, Gutachter, drohen versteckte Gesundheitsschäden? Die Rechtsabteilung prüft Schadensersatzforderungen. Fehlalarmder Schimmel war eine Spinnwebe. Bald können hier die Kinder wieder wohlbehütet mit ihren Gendekoffern spielen ???

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