ANTOINE LEIRIS
Wien 2020. Las Vegas 2017. Berlin, Nizza 2016. … Heute, am 13. November 2015, vor 5 Jahren wird der Familienvater und Journalist Antoine Leiris seiner großen Liebe Hélène beraubt: Seine Frau und die Mutter des gemeinsamen Sohnes Melvill stirbt im Bataclan in Paris. Sie ist eine der 130 Menschen, die während des Konzerts um ihr Leben gebracht wurden. Der Anschlag jährt sich heute zum 5. Mal. Ein Attentat ohne Gesichter.
Klappentext
Am 13. November 2015 sah Antoine Leiris seine Frau Hélène zum letzten Mal – sie wurde an diesem Tag mit neunundachtzig weiteren Personen im Konzertsaal Le Bataclan Opfer der Terroranschläge in Paris. Während die Welt geschockt und in tiefer Trauer versuchte, eine Erklärung für das Unfassbare zu finden, postete der Journalist auf Facebook einen offenen Brief. In bewegenden Worten wandte er sich darin an die Attentäter und verweigerte „den toten Seelen“ seinen Hass – und den seines damals siebzehn Monate alten Sohnes Melvil. Die Botschaft ging um die Welt. Er, der an jenem Tag die Liebe seines Lebens verlor, hatte nur eine Waffe: seine Worte. Das Grauen, der Verlust und die Trauer haben Antoine Leiris‘ Leben erschüttert. Ehrlich und ergreifend schildert er Momente aus einem zerstörten und doch so zärtlichen Alltag zwischen Vater und Sohn – und sagt damals wie heute, dass das Leben trotzdem weitergehen soll. Antoine Leiris trotzt dem Terror und der Gewalt mit einer bewegenden und hoffnungsvollen Botschaft: „Meinen Hass bekommt ihr nicht“.
Ein Buch, das Zehntausende bewegt hat. Ein Facebook-Post, der hungertausendfach geteilt wurde. Und auch mich hat das tragische Schicksal des Mannes bewegt, dessen Botschaft um die Welt ging. Antoine Leiris, ein Mann, der seine Frau Hélène, die große Liebe seines Lebens und die Mutter des gemeinsamen Sohnes Melvil, der damals 17 Monate alt ist auf ein Konzert in die Pariser Nacht ins Bataclan entlässt, und die nie wieder heim kehren wird.
Gemischte Konzergefühle
Stell dir vor, du bereitest dich mit deinen besten Freunden auf einen ausgelassenen, tanzreichen und lustigen Konzertabend vor. Du hast nichts anderes im Sinn, als die Live-Musik zu genießen, eine Band zu sehen, die du du sonst aus der Box hörst und die an einem Konzertabend zum Greifen nah ist. Nach dem Anschlag im Bataclan, besuchte ich gemeinsam mit meinen besten Freunden das Frank Turner Konzert im The Fillmore am 20. November 2015 in San Francisco und ich muss zugeben, ich hatte zum ersten Mal ein seltsames Gefühl als ich auf ein Konzert ging.
Setlist von Frank Turner am 20. November 2015
- Get BetterPlay Video
- If Ever I StrayPlay Video
- Losing DaysPlay Video
- Long Live the QueenPlay Video
- Out of BreathPlay Video
- Sons of LibertyPlay Video
- Peggy Sang the BluesPlay Video
- JosephinePlay Video
- Polaroid PicturePlay Video
- I Am DisappearedPlay Video
- The Opening Act of SpringPlay Video
- Frank solo
- The Ballad of Me and My FriendsPlay Video
- Time Machine(First live perfomance since 2012)Play Video
- Sunshine StatePlay Video
- The Way I Tend to BePlay Video
- PhotosynthesisPlay Video
- Plain Sailing WeatherPlay Video
- Glory HallelujahPlay Video
- Reasons Not to Be an IdiotPlay Video
- MittensPlay Video
- RecoveryPlay Video
- The RoadPlay Video
- The Next StormPlay Video
- I Still BelievePlay Video
- The Power of Love(Huey Lewis and the News cover)Play Video
- Encore:
- Song for JoshPlay Video
- Love Ire & SongPlay Video
- Try This at HomePlay Video
- Four Simple Words
Antoine Leiris schafft eine beachtliche Auffassung der Welt
Stell dir dann vor, nach diesem gemeinsamen vermeintlich harmlosen Konzertbesuch ist alles anders. Nicht ist mehr wie es war.
Ein bewegendes, ein sehr wertvolles Buch, mit einer Tragik, die sich leise und herzzerreißend über die gesamten 144 Seiten zieht. Das Buch ist schnell gelesen, aber verhältnismäßig langsam zieht sich alles zusammen. Das schmale Büchlein voller Schwere und gleichzeitig hoffnungsvoll. Es trieb mir die Tränen in die Augen. Mir fehlten nach dem Lesen die Worte, es zu beschreiben.
Gleichzeitig fühlte ich mich getröstet, gut aufgehoben, obwohl nicht ich es war, die getröstet werden sollte. Ich empfinde eine große Bewunderung für Antoine Leiris, wobei ich nicht davon ausgehe, dass dies sein Ziel gewesen ist. Er erscheint mir zwischen seinen Zeilen als zurückhaltend und bodenständig, fast schüchtern. Umso gewaltiger dieser Kraftakt, eine Auffassung mit der Welt zu teilen, die verlangt, den Attentätern kein Gesicht, keine Bühne und somit keine weitere Aufmerksamkeit zu schenken.
„Jegliche Präsenz, ob in den Medien oder im eigenen Leben, ist das, was sie wollen. Was sie verlangen. Ein Leben in Furcht und Angst, in Schrecken und Zurückhaltung. In Skepsis und Resignation. In Erstarrung.“
Wofür entscheidest du dich: Empathie oder Egoismus
Antoine Leiris schafft es, eine schreckliche Gräueltat, den Terror unserer Zeit auf wenigen Seiten so in seine eigenen weichen Worte zu fassen, dass ich nicht nur die Liebe und den Anti-Hass aus seinen Zeilen mitnehme. Sie zeigen mir, dass ich jeden Tag aufs neue die Wahl habe. Es ist ein Entscheidungsspiel und persönlicher Kraftakt, wie ich meine eigenen Gedanken lenke und wovon ich mich leiten lasse. Vom Hass oder der Liebe. Von Empathie oder Egoismus. Von Verständnis oder Ablehnung.
Die Desavouierung liegt bei „denen“
Es ist fast ein Lehrbuch, ein Buch mit einer Botschaften, die wohl eins der wichtigsten Werte, ebenfalls für unsere Zeit und das Leben vermittelt: Die Aussicht auf das Gute, auf das, was noch kommt, und die zutiefst berührende und absolut verantwortungsvolle Reaktion eines Vaters und Liebenden, nicht blind und hasserfüllt – nachvollziehbarerweise – blinde, emotionale Reaktionen zu senden.
Nein, vielmehr setzt er sein Buch, seinen Briefe als bewusste und fast paradoxe Aktion und Reaktion gegen das, was man erwarten würde, ein. Auf diese Weise geht jegliche Bedeutung und Wichtigkeit der Täter verloren. Leiris Buch und seine Reaktion macht sie zu den „toten Seelen“, von denen er selbst schreibt. Sie bleiben gefährlich, aber sie werden auf eine Art entwaffnet, die sie ins vollste Licht der Beschämung stellt. Vater und Sohn gehen als ungewollte Helden aus einer Situation, die sich nie herbeigeführt haben, doch die Bloßstellung, die Entehrung haftet wie Pech, an denen, sie sie zu verantworten haben.
Was bleibt, wenn nicht Hass?
„Wir sind zwei, mein Sohn und ich, aber wie sind stärker als alle Armeen dieser Erde. Ich will euch jetzt keine Zeit mehr opfern, ich muss mich um Melvil kümmern, der gerade von seinem Mittagsschlaf aufwacht. Er ist gerade mal 17 Monate alt; er wird seinen Brei essen wie jeden Tag, dann werden wir gemeinsam spielen wie jeden Tag und sein ganzes Leben wird dieser kleine Junge euch beleidigen, indem er glücklich und frei ist.
Antoine Leiris, 16. November 2015
Nein, auch seinen Hass werdet ihr nicht bekommen.“
Das, was für Leiris und seinen Sohn Melvil übrig bleibt, die Trauer, das Leben danach, ohne Mutter und Frau, dieser schmerzliche Verlust um keinen nachvollziehbaren Grund, wird einfach so absolut anders freigesetzt und gehandhabt, als man es erwartet. Erwägt man als Leser:in nicht genau den Hass gegen die Attentäter und die gesamte Welt? Das passiert ja bereits, wenn man Nachrichten liest oder schaut, ohne sich dem Gefühl der Abstumpfung oder Gleichgültigkeit hingeben zu müssen, aufgrund der Reizüberflutung, die unsere heutige Welt bietet. Hier wird genau die Umkehrhaltung aufgezeigt: Ein Mann, der berührend, schonungslos und ehrlich von der Liebe und dem Leben nach einem unglaublichen Verlust berichtet ohne die Welt dafür zu verurteilen und nicht zu hassen!
Eins der stärksten Bücher, die ich im Leben lesen durfte.
Was denkst du über Leiris Umgang mit seinem Verlust?
Danke fürs Lesen und deinen Kommentar.
Deine
Teilst du mit mir bitte den Link, liebe Gabriele?
Danke für diese wunderbare Buchempfehlung. Ich habe den offenen Brief damals gelesen. Und ich habe auf meinem Blog über dieses unfassbare Bataclan Terror Attentat geschrieben. Nur einen kurzen Text, weil mir , was selten passiert, die Worte fast fehlten.