Klassik am Sonntag: Alfons Petzold (1882 – 1923)

Der Grashalm

am-feldrand

image: Rainer Franke, twilightfoto.wordpress.com.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Straßen voll Staub,
die Menschen nicht minder,
keine spielenden Kinder,
kein wehendes Laub.

Nur Dünste und Qualm
aus Fenstern und Essen
und da – ganz vergessen –
ein ärmlicher Halm.

Von keinerlei Blick
gesehn und beachtet
er traurig betrachtet
sein hartes Geschick.

Hoch über der Stadt,
fern Mauer und Fliese,
träumt er eine Wiese,
die spielende Kinder und singende Vögel hat.

Alfons Petzold
Alfons Petzold (Pseudonym: De Profundis; * 24. September 1882 in Rudolfsheim, heute Wien; † 25. Jänner 1923 in Kitzbühel) war ein österreichischer Schriftsteller.

skater in the rain — Straßenfotografien

Oh, wie schön die Kindheitstage 

Ich erinnere mich noch gut daran,
als ich elf, acht, fünf war oder drei
unbeschwert durchs Leben ging
Und frei war noch dabei.

Bäume waren zum Klettern da
Mächtig riesige Gesellen,
die man besteigen musst so manches Mal
Fliegen ohne runterfallen.

Im Regen atmen, tanzen lernen
Die graue Welt bunt anzumalen
Nicht davor zurückzuschrecken
Im Nass des Tages lodernd strahlen

Erinnerungen, sie  verblassen nicht
Schlafen tief in meinem Innern drin
Und brauche ich sie, dann wecke ich sie
Gebe ihnen Gesicht und Sinn.

J.H., 30. August 2013

image: über skater in the rain — Straßenfotografien

Klassik am Sonntag: Erich Kästner (1899 – 1974)

Der Juni

Die Zeit geht mit der Zeit: Sie fliegt.
Kaum schrieb man sechs Gedichte,
ist schon ein halbes Jahr herum
und fühlt sich als Geschichte.

Die Kirschen werden reif und rot,
die süßen wie die sauern.
Auf zartes Laub fällt Staub, fällt Staub,
so sehr wir es bedauern.

Aus Gras wird Heu. Aus Obst Kompott.
Aus Herrlichkeit wird Nahrung.
Aus manchem, was das Herz erfuhr,
wird, bestenfalls, Erfahrung.

Die Vögel füttern ihre Brut
und singen nur noch selten.
So ist’s bestellt in unsrer Welt,
der besten aller Welten.

Spät tritt der Abend in den Park,
mit Sternen auf der Weste.
Glühwürmchen ziehn mit Lampions
zu einem Gartenfeste.

Dort wird getrunken und gelacht.
In vorgerückter Stunde
tanzt dann der Abend mit der Nacht
die kurze Ehrenrunde.

Am letzten Tische streiten sich
ein Heide und ein Frommer,
ob’s Wunder oder keine gibt.
Und nächstens wird es Sommer.

 Emil Erich Kästner
(* 23. Februar 1899 in Dresden; † 29. Juli 1974 in München) war ein deutscher Schriftsteller, Publizist, Drehbuchautor und Verfasser von Texten für das Kabarett. Bekannt machten ihn vor allem seine Kinderbücher wie Emil und die Detektive, Das doppelte Lottchen und Das fliegende Klassenzimmer sowie seine humoristischen und zeitkritischen Gedichte.

Fundstücke der Vergangenheit: Erinnerungen an die Kindheit und das, was man ist

Mein 1. ReimIch hatte eine wunderbare Erzieherin. Ohne das Zeichnen in Superlativen, aber Frau D. war die Erzieherin, die man sich als Kind nur wünschen konnte. Wenn man sich denn als Kind wünschen konnte, was man ohnehin schon hatte.

Vor gut 4 Wochen traten wir den Rückflug in die USA an und mir drängten sich in Gedanken meine ersten Jahre auf dieser Welt auf. Ich fragte mich: Warum bin ich eigentlich, wie ich bin? Und was hat das ganze mit dem ILS zu tun…?

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