Wann wird alles gut?

Eni auf thirty-ehrlich.de bloggt: "Wie war das nochmal früher, vor noch nicht 
allzu langer Zeit? In den Zwanzigern? Es war ein unbeschreibliches Gefühl der 
Freiheit, damals! Natürlich bin ich noch immer frei. Ich kann tun und lassen 
was ich will – bis auf die Zwänge im Alltag, im Job etc.. Dennoch: Niemand 
verbietet mir etwas, keine Konventionen, nichts. Aber mein Kopf ist nicht mehr frei. Nicht mehr im eigentlichen Sinne. Mittlerweile mache ich mir Sorgen: um 
die Gesundheit, Geld, Beruf, die Welt. Ich plane viel, was echt belastend ist – das habe ich früher nicht getan. Schreibe to do-Listen und freue mich über 
jeden Haken, den ich hinter Aufgaben machen kann. Check! Früher hätte ich das 
als spießig empfunden. Heute nicht mehr. Sind das die Anzeichen dafür, dass ich erwachsen (geworden) bin? Ist man SO, wenn man groß ist? Ein schleichender 
Prozess, keine Vorwarnung. Plötzlich mitten im Leben?


Liebe Eni,

ich habe einfach nicht den richtigen Moment gefunden. Ich wollte mitmachen, bei deiner Blogparade. Ich hatte es mir fest vorgenommen. Es mir in in meinen Kalender eingetragen. Mir Notizen auf Klebezettel geschrieben. Eine kleine Einleitung getippt. Schon am 26. Juli, als du dazu aufriefst, hatte ich mir fest vorgenommen: Ha! das ist genau mein Thema! Dazu schreibst du was! Aber sowas von!

Warum? Na, weil mein Mann vor mir dreißig wird und zwar in genau 30 Tagen und ich bis dahin noch etwas Zeit habe, mich als die ewig Jüngere in unserer beider Leben zu fühlen. . .

Aber weißt du, mal ehrlich: Gibt mir dieser Gedanke ein beruhigendes Gefühl? Macht er mich glücklicher? Irgendwie privilegierter? Nein. Er gibt mir nicht im geringsten auch nur die klitzekleinste Genugtuung. Denn auch ich kratze an der 30. Wie ein armes Kätzchen am Gummibaum und um mich herum, kratzen sich viele Menschen höchstens die Augen aus. Weil sie nichts juckt.

Viele sind stehengeblieben. Mit ihren ungehaltvollen Parolen. In ihrem engstirnigen Denken. Neben Ihren gefährlichen Ansichten. Unter meinem Niveau, mit ihren hinterfotzigen Taten. Und den minder-emptahischen Gefühlen zu einem Nächsten. Vene vidi vici. Ich ich ich. Ob sie nun in meinem Alter sind oder nicht, spielt keine Rolle.

Schon jetzt im vierten Absatz ereilt mich die Erkenntnis, dass es nichts mit dem Alter zu tun hat, wie man sich verhält. Und auch nichts mit dem Geburtstag, durch den man sich verändert. Und dass alles nur an Taten sich misst und dreht und wandelt.

Rechnen mit allem und nichts 

Dabei bedeutet älterwerden doch, weiser zu werden, und nicht dümmer.
Anyway. Die Zeit vergeht und sie verging. Und ich merkte, dass ich nichts zustandebringen würde. Keinen einzigen Satz. Und die Zeit verging weiter. (Und sie tut es immer noch!)

Und jetzt? Rennen die Stunden und knappe 4 trennen mich von der Deadline, die du gesetzt hast. Zumindest nach pazifischer Zeitzone. Am 3. September trennen mich noch genau 4 Monate bis zu meinem 30. Geburtstag und wie du merkst, hat mir dein Aufruf zur Blogparade keine Ruhe gelassen. Ja, er hat mich geradezu aus der Bahn geworfen. Vielleicht wegen der ganzen Rechnerei, die mir gerade bewusst wird. Aber auch, weil das, was ich erlebe, mich verändert. Jeden Tag. Und ich wünsche mir, zu meinem 30. Geburtstag, dass ich nie damit aufhöre, mich weiterzuentwickeln. Und immer wieder meine Stimme finde. 

Es hat nichts mit dir zu tun oder diesem Thema: 30 und dann?

Weißt du, ich in allererster Linie hat es etwas mit mir zu tun. Damit, wo es immer beginnt: Bei einem selbst.

Ich habe kein Problem damit 30 zu werden. Ich habe auch kein Problem damit, dass sich die 2 in eine 3 verwandelt. Ganz im Gegenteil: eine gute Freundin sagte einmal zu mir, dass ich an dem Tag meines 30. Geburtstag ja ohnehin wieder zu den Jüngeren gehören würde. Zu den jüngsten unter den 30ern.

Wie andere mich sehen

Die Anfang Zwanzigjährigen siezen mich auf Festivals, obwohl die Musik und das Event uns verbindet. Die Mid-Tweenties können sich nicht vorstellen wie es ist, überhaupt mal in mein Alter zu kommen. Die Siebenundzwanzigjährigen halten sich weitestgehend bedeckt, weil sie dem Schicksal von Janis Joplin, Jimi Hendrix und Co. entgehen wollen und mit 28 denkt man insgeheim: Man habe ja noch ein bisschen Zeit bis zum großen
GrößerZwei Stichtag!

Mein Problem ist nicht die Zahl. Die Nummer. Die Ziffer. Oder die Wandlung von einer zur anderen. Obwohl ich zugeben muss, dass 24 mein Lieblingsalter war. Allein vom Erscheinungsbild. Vielleicht liegt es daran, dass 2 und 4 meine Lieblingszahlen sind. Zu Zweit ist man eben selten allein und vier Küsse auf der Wange fühlen sich besser an, als einer oder drei.

Vielleicht steht die 24 mir nah, weil ich in dieser Zeit vieles abgeschlossen und überwunden habe, was mir bis dato mein junges Köpfchen und meinen Körper zermartert hatte.

Krawall im Gepäck 

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Rancid

So, wie es jedem ergeht, der mit einem vollgepackten Päckchen durchs Leben läuft und plötzlich merkt: Ich brauche Platz in diesem dummen Sack!
Und da ist allerhand drin. In diesem Pack: Kindheit, Jugend, Enttäuschungen, Pech, Glück, Schmerz, Hoffnung…

Erfahrungen, die man nur selbst gemacht hat und die kein anderer nachvollziehen kann, der nicht in ähnlichen Schuhen unterwegs gewesen ist.

Und es hört ja nicht auf! Dieses Päckchen wird sich immer wieder füllen. Ob mit Ende 30, Anfang 20 oder Ende 50. Wenn man es nicht von Zeit zu Zeit leert und hinterfragt, was einem aus diesem Paket überhaupt noch gut tut und ob es nicht besser ist, das eine gegen das andere auszutauschen oder etwas neues hineinzupacken, woran man mehr Freude hat.

Verstehe mich nicht falsch liebe Eni, ich habe kein Problem damit, dass ich Faltencremes benutzen und auch nicht damit, dass ich jeden immer wieder mit ihren Kinderwünschen an mich vertrösten werde, solange ich mich nicht dazu bereit fühle!

Zeit, dass was wird 

Ich habe ein Problem damit, die Welt nicht wenigstens ein Stückchen verbessert zu haben, bevor ich dreißig geworden bin. Und ich frage mich, wann der Wunsch nach Weltfrieden aus der Mode gekommen ist.

Naja. Es wird schon alles gut.

 

Viele liebe Grüße,

deine

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Danke für die Aufmerksamkeit!


 

 

Ein Gedanke zu „Wann wird alles gut?

  1. Eni Nexyt sagt:

    Meine liebe Jennifer,

    wie herzerwärmend Dein Brief doch ist… Ich bin ganz gerührt und kann Deine Gedanken sehr nachvollziehen. Ein Sturm, der Deine Gedanken umherwirbelt. Aber sei beruhigt: Der Sturm wird sich legen, sobald Du über die Schwelle getreten bist. Das verspreche ich Dir!! Denn es kommt ganz viel Großartiges auf Dich zu! Du bist noch jung jung jung und hast vieles-alles-das-Beste noch vor Dir. Vertrau darauf!! Auch wenn es letztlich nicht das Alter ist, was entscheidend ist, so sind es doch die Erfahrungen. Und die kommen nun mal mit der Zeit – ohne Ablaufdatum, ohne 3 davor, ohne Regeln.

    Ich wünsche Dir frische, positive Gedanken! Sie sollen Dich begleiten auf dem steinigen Weg der Erfahrungen. Das Päckchen wird sich füllen, keine Frage. Es muss auch immer wieder entleert bzw. sortiert werden. Systematische Müllabfuhr, sage ich nur. Aber auch das ist eine Erfahrung, weil es nicht leicht ist, sich von Dingen zu trennen. Die ollen Erinnerungen wird man eh nicht los und die guten zu behalten, ist schwierig. Und das gehört dazu, sich zu entwicklen, groß zu werden und zu wachsen.

    Aber Du wirst das machen! Ich bin mir sicher! Ich werde in zwei Jahren 40 – und was soll ich sagen: Ich freu mich drauf 🙂

    Alles Liebe!
    Deine Eni

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