17. Türchen: Ansichten einer Konserve

Zeit, die sie nicht mehr hatte, denn offensichtlich kam jetzt alles zusammen. Es war 17-1 nicht mehr nur der eintönige Alltag und die existenziellen Ängste, die der Bohne Konservenschmerzen bereiteten, sondern nun auch die haltbare Sorge, dass sie als billiges Sonderangebot ausgezeichnet werden könnte.

Und Herr Hornberger war tatsächlich fleißig damit beschäftigt, rote Kärtchen für seine Supermarkt Schnäppchen pinseln. ‚Preisknüller – Jetzt zu Weihnachten‘ konnte man da entziffern und ‚Wow‘ und ‚Los‘ und ‚Toll‘.

Er pflegte diese verkaufsanregenden Phrasen auf der Tiefkühltruhe vorzubereiten, so dass alle Dosen und Konserven eine unausweichliche Position auf das, was als nächstes passieren würde, einnahmen. Nur die frostigen Produkte unter Herrn Hornberger hatten einen noch viel besseren Blick; ohne es zu wollen.

»Was schreibt er? Was schreibt er?«, palaverten die Konserven ganz aufgekratzt von drüben hinüber.

»Nun sagt doch schon!«, befahlen die Pilze.

»Ich kann es nicht lesen«, erwiderte Brad ‚The American‘ Brot genervt aus seinem eingeschweißten schwarzen Plastikmantel »Es ist so dunkel.«

»Boah, bist du wieder witzig«, meckerte Lisa Lasagne »Das liegt daran, dass der Alte auf uns hängt. Irgendwann kracht noch mal das Glasdach wegen ihm ein.«

»Dann kannst du uns doch sicher retten, nicht?! Mit deinen Pferdestärken«, scherzten die Vegetarier von nebenan und kicherten aus ihren schockgefrosteten Blumenkohl- und Broccoliköpfchen.

»60 Cent«, buchstabierte Maxi, die fettige Margherita Pizza, kreischend.

Leider war sein Tiefkühler so gut abgedichtet, dass er nur ganz dumpf, fast gar nicht für die Konserven zu hören war. Besser so.

Denn wann will man eigentlich schon ganz genau hören, was eine fettige Pizza zu melden hat.

 

 

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