Bin weder Ich noch nichtig

Besonders jetzt in den Zeiten der bundesweiten und grenzenlosen Halbtrauer, habe ich das Gefühl Nichts zu sein. Ein Nichts, das so schnell wie es auf die Erde gekommen ist, auch wieder verschwunden sein kann. Einfach so von jetzt auf gleich.

Ich meine, Unfälle und Unglücke passieren ja tatsächlich da draußen. Sie geschehen. Das ist kein Märchen, TV, Zeitung oder Internet. Das wahre Leben spielt sich nicht in den Medien ab. Es spielt mit mir und dir und uns. 

Es geht vor sich. Da draußen. Im Kopf und im Herzen eines Jeden. Auf den Straßen der Dörfer und Städten eines Jeden, in den Lüften – auf den Wegen eines Jeden. Pech und Glück, Schicksal und Ironie. All das passiert. 

Und zwar jeden verdammten Tag. Irgendwo. Irgendwie und Irgendwann. Und es ist so unfassbar traurig, wenn es passiert. So unverständlich, wenn es vor sich geht, wie es vor sich geht.

Mein, Dein, Unser Leben,  kann einfach so, wenn man zur falschen Zeit am falschen Ort ist, ausgelöscht werden. Und dann? Dann ist man mit einem Mal weg. Psssschhhh ——- Mein Leben. Und ich. Wir. Dann sind wir nichtig und klein.

Dann war ich mal Jemand. Aber werde nicht mehr sein. Es wird nur noch das bleiben, was man die Erinnerung nennt.

Das, was ich hinterlasse. Und was hinterlasse ich dann, außer ein paar Tränen, meinen unnötigen Klamotten, meinem angesammelten Geschirr, meinen Büchern, die angeblich meine Gedanken konserviert haben?

Was bleibt, wenn ich nicht mehr bin? Keine Gewissheit, aber zumindest die Erkenntnis, dass ich vielleicht gar nicht Nichts bin.

In jedem Menschen keimt immer mal wieder der Gedanke auf, eigentlich nichtig zu sein. Denn es ist ja einfach so, dass man einmal nicht war und einmal nicht mehr sein wird. Ich glaube, das ist menschlich. Das schon. Ganz andere Dinge nicht. Mich wundert, dass ich überhaupt noch glücklich sein kann. Jeden Tag und mich nur von Zeit zu Zeit mal frag, warum ich dann eigentlich so zufrieden, während des nichtig sein mag.

Vieles ist traurig zur Zeit 
und lähmt 
Anderes kümmert kaum
bleibt unerwähnt
Im wahren Leben
ist Denken wichtig
im Netz bockt es nicht
Bin weder Ich
noch nichtig
 

Und gehe ich zurück wo ich hergekommen bin, vielleicht, dann weiß ich immer noch nicht wo das sein wird. Wenngleich der Schoß meiner Mutter ein Trost sein würde. Ein ziemlich skurriler zwar, aber immerhin. Schließlich hat die Frau mir mein Leben geschenkt. Gelebt habe ich es aber alleine.

Das weiß ich. Doch mehr weiß ich nicht. Mehr nicht.

Schon gar nicht im Netz. Wer sollte ich sein, wenn ich mich für jemanden halte, der weiß was richtig und wichtig ist? Wer oder was, maße ich mir an zu sein, wenn ich anderen vorschreibe, wie sie zu sein oder zu leben haben?  Wie sie aussehen sollen und was sie am besten tun müssen?

Nichts dergleichen weiß ich. Noch nicht einmal, wo ich wirklich hergekommen bin. Wo der Pfeffer wächst, kann es kaum gewesen sein.

Ich war noch nie in Indien.

 

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