Oder: Warum Festivals, egal welcher Art, ihren Besuchern so gut gefallen.
Was eint alle Festivalbesucher? Ob nun Wacken, Nature One, Ruhrpott Rodeo, Summer Jam oder Rock ’n‘ Heim?
Es ist nicht nur die Raviolidose, die plötzlich zum Gaumenschmaus wird und es sind auch nicht das Flunkiball Match oder die Dixies. Ebenso wenig ist es der Pavillon, der auch gerne nach dem Festival einmal stehen bleibt.
Es sind die vielen kleinen Dinge nebenbei, die man viel zu schnell vergisst. Das Zwischenmenschliche oder dass, was selten auf einer Veranstalterseite zusammengefasst wird: Das Positive.
Oftmals fällt es schwer, nur das Gute zu sehen, gerade wenn Organisation und Ablauf miserabel sind. Und trotzdem: Hier folgt ein Versuch, das Gute an Rock’n’Heim zu sehen.
1. Die Anreise
Schon bei der Ankunft fällt dem aufmerksamen Himmelbeobachter auf, dass man sich nie auf seine Wetter App verlassen kann: Die Böden auf den Parkplätzen sind aufgeweicht. Matsch und Schlamm vermischen sich mit dem zuvor vom Himmel geplatzten Nass der Wolken. Tiefe Fahr- und Bremsspuren haben sich auf dem Areal, dass einmal Wiese war, gebildet und man hat das Gefühl, der Untergrund werde sich nie wieder davon erholen.
Die Reifen unseres Kleinwagens drehen durch und bohren sich immer tiefer in den widerstandslosen Parkplatzboden. Das Auto sitzt fest. Die Räder arbeiten und suchen nach dem Grip, der nicht mehr vorhanden ist. Das Fenster der Beifahrerseite ist weit geöffnet. Schlammpartikel spritzen im hohen Bogen auf Haube und mit phantastischer Geschwindigkeit geradewegs in die offene Fahrerkabine. Der Mensch ist dreckig, bevor er das Campinggelände überhaupt betritt.
Sofort ist jemand zur Stelle, der das Szenario schon hinter sich hat. »Weniger Gas!«, ist die Devise. »Du musst weniger Gas geben!«
Mit dieser Aussage und dem unterstützendem Einsatz seiner Muskelkraft, wird das Auto aus dem Dreck geschoben, bis in die nahe gelegene Parklücke.
Endlich! Man steht. Nun auch richtig in einer Parktasche und bietet dem Helfer zum Dank ein warmes Dosenbier an.
Dann geht man gemeinsam auf Bändchenjagd, denn der hilfsbereite Typ aus Tübingen kennt den Weg. Ab ans andere Ende des Parkplatz versteht sich.
Egal. Mit den Füßen lässt sichs besser bewältigen und der Matsch ist bezwingbar. Außerdem hat man sofort eine Bekanntschaft gemacht. Danke Axel!
2. Die Ankunft am Campingplatz
Freunde haben die Anreise schon etwas länger hinter sich. Sie haben es sich bereits gemütlich gemacht, unvergessen, dass sie einen Platz für unser Zelt frei gehalten haben. Sofort sind wir eins, obgleich wir Nachzügler sind.
Sie begrüßen uns mit Umarmungen und freudigen Gesichtern. Hier ist unser Zuhause für die kommenden drei Tage. Mittlerweile scheint die Sonne wieder. Die letzten 90 Minuten sind vergessen. Man schnackt kurz, ärgert sich über schlechte Organisation und freut sich umso mehr, dass die erste Ladung fürs Wochenende bereits vom Auto ins Lager geschleppt ist.
Man raucht die erste Zigarette in Ruhe und lässt sich auf einem der freien Campingstühle nieder. Ankommen bei Freunden. Welch schönes Gefühl. Rock ’n‘ Heim – ein wenig Rock und umso mehr Heim, denn der Puls schlägt auf den Campingplätzen.
3. Die Musik
Mit das Wichtigste auf einem Festival. Das Essentielle! Nicht etwa das Campen. Das kann ich auch Zuhause mit Freunden auf einem weniger teuren Campingplatz haben. Die Konzerte sind das Herzstück eines Musikwochenendes. Es muss sich lohnen dafür mehrere hundert Kilometer zu fahren und sich drei Tage lang nur notdürftig zu waschen, wenig zu schlafen oder schon eine halbe Stunde vorher in der Schlange des Dixies zu stellen, in weiser Voraussicht, dass man bald muss.
Insofern: Bevor man ein Ticket bestellt, weiß man, was auf einen zukommt. Das Line Up ist klar. Was die Bands und Acts daraus machen ist die eine Sache und was der Besucher selbst daraus macht, eine andere. Vergleiche zu den vergangenen Jahren, sind nur schwer aufzuwiegeln, denn es geht ja immer weiter und so bleibt nur die Erinnerung.
Dennoch, man muss sich wohl davon verabschieden, dass nicht überall wo Rock drauf steht, auch Rock drin ist. Dem Veranstalter scheint diese Tatsache egal, Hauptsache der unverwöhnte Festivalbesucher zahlt ausgiebig und dass an allen Ecken und Enden. Und so wird gerade von MLK alles geboten, was gerade im Kommerz Rang und Namen hat. So etwas ist klar. Im Vorhinein.
Ungeachtet dessen ist Live-Musik, wenn sie gut abgemischt ist und man nicht bloß auf Bildschirme starren muss, eine Wonne. Die Füße zucken, die Glieder schmerzen und man geht im besten Fall mit einem seligen Gefühl vom Gelände, zurück in die Welt der Aggregator-Musik von der Platte. Über Geschmack lässt sich ohnehin nur schwer diskutieren: Was für den einen die Band XY mit großartigem Auftritt war, ist für den Anderen die Band XY mit enttäuschender und weniger beeindruckender Performance.
Für jeden Festivalbesucher hoffe ich jedoch, dass es wenigstens ein persönliches musikalisches Highlight gab, wofür sich der Besuch gelohnt hat. Alles andere wäre sehr sehr traurig…
4. Das Wetter
»Es gibt kein schlechtes Wetter. Es gibt nur die falsche Kleidung.« Oft gehört, oft verhasst. Selbstverständlich gibt es schlechtes Wetter, aber Hallo! Und trotzdem: Festivalbesucher trotzen ihm, wenn es darauf ankommt. Man ist hart im Nehmen, denn Party ist das, was man daraus macht. Es bleibt natürlich fragwürdig, ob man den sonnenverbrannten Rücken frierenden Füßen vorzieht.
Nichtsdestotrotz war das Wetter bis auf den Freitagmorgen spitze. Der Wettergott meinte es gut mit uns und das lästige »An und Aus« der Oberbekleidung ist doch vergessen, solange es nur um den Kontrast kalt & warm geht.
Auf einem Festival lohnt es sich jedenfalls, mehr als ausgiebig über das Wetter zu sinnieren. Man kann zufrieden sein, wenn man am Montag danach nur nach seiner Stimme sucht und die Grippe oder Sonnenbrandblasen auslassen kann.
5. Der Mensch
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. So schnell wie er sich irgendwo eingelebt hat, hat er sich auch schon mit der Situation abgefunden. Ausgelebt hat er sich erst dann, wenn er Dampf ablassen darf. Nach dem Festival auf der Festivalseite beispielsweise.
Obgleich so manchem eine Schraube locker sitzen mag, ob bereits vor dem Festival oder währenddessen: Die Hilfsbereitschaft ist beeindruckend und auch die breite Freude, die einem zuteil wird.
Da werden Dosenöffner verliehen, Luftpumpen vergeben und erst nach zwei Tagen wieder abgeholt. Es wird Grillkohle verteilt, einen Platz auf dem Rost für das Grillgut angeboten und zum gemeinsamen Trinken aufgefordert. Es werden ernste und weniger ernste Gespräche geführt. Man entflieht seinem Alltag, kann sein, wie man sonst nicht sein darf: Man kann ausrasten und laut sein, man darf in Megaphone brüllen und fremde Menschen anquatschen, die dann ein Stück Klopapier fürs Dixie bereit stellen. Man knüpft Bekanntschaften und umarmt sie zum Abschied.
Ja, auch der eine Security war nett. Die andere Ordnerin auch. Ich wurde über eine Pfütze gehievt und das bei meinem Gewicht. Die andere schenkte uns ihre Wasserflasche für den Heimmarsch.
Die Unverwechselbarkeit der Festivalbesucher, die wie kleine Klone über das Gelände rannten, weil sie alle die gleichen Sonnenbrillen oder Turnbeutel tragen: Kein Thema! Nach dem Festival verläuft sich es doch eh wieder und im Nachhinein ist man froh, wenn man einen irgendwo trifft, schließlich hat man direkt ein Gesprächstheme: »Hey! Warst du auch auf Rock’n’heim?«
Zu erwähnen sei hier die Frau vom Zigarettenstand (den ich nicht namentlich nennen möchte, da es sich nicht um meine bevorzugte Marke handelt und ich auf unnötige Werbung verzichten möchte): Vielen Dank, dass du mir deine rote Sonnenbrille geschenkt hast, ohne dass ich mich in der Schlange anstellen oder eine Karte mit falscher E-Mailadresse abgeben musste. Alle Farben waren vergriffen. Es gab lediglich noch grün. Und so eine hatte ich ja schon. Ich werde die rote in Ehren halten und immer an Dich denken, wenn ich sie mir aufsetze.
Cool waren auch die kollektiven Gesänge, die sich in der Masse ‚Mensch‘ gebildet haben, nachdem wir von Korn weg sind. Es hört und fühlt sich gut an, wenn Menschen gemeinsam singen. Nachdem man seine Strophen beendet hatte und man eng umschlungen die Frage »Das hat Spaß gemacht, wo zeltest du?« folgen ließ, bemerkte man erst, wie tolerant und multikulturell es nur auf Festivals zugeht, auf dem einfach jeder, ohne Anfeindung, sein darf: »Oh sorry, can’t understand. I’m english.«
»No problem. My english is very bad, but I just said, i’m glad to sing with you«
»Me too. Music is the common language. Rock on!«
Rave’n’Heim 2015 sicher ohne mich, aber einmal die schönen Dinge zu sehen, hat echt Spaß gemacht!
Was ist bei Euch auf Rock’n’Heim oder anderen Festivals gut gelaufen? Schreibt es mir doch in die Kommentare. Ich würde mich freuen!
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