Fundstücke der Vergangenheit: Erinnerungen an die Kindheit und das, was man ist

Mein 1. ReimIch hatte eine wunderbare Erzieherin. Ohne das Zeichnen in Superlativen, aber Frau D. war die Erzieherin, die man sich als Kind nur wünschen konnte. Wenn man sich denn als Kind wünschen konnte, was man ohnehin schon hatte.

Vor gut 4 Wochen traten wir den Rückflug in die USA an und mir drängten sich in Gedanken meine ersten Jahre auf dieser Welt auf. Ich fragte mich: Warum bin ich eigentlich, wie ich bin? Und was hat das ganze mit dem ILS zu tun…?


Nostalgie

 

18)Normen, Werte, Einflüsse. Meine Familie, mein Umfeld, das Land in dem ich friedlich aufwachsen durfte. Schwachmomente zulassen, Fehler eingestehen, Horizont erweitern –

Privilegien, die sich nicht zuletzt durch meine Kindheit ergeben haben. Durchhaltevermögen in der Jugend, ein Kesselchen voll Glück und der Weg zurück in die Gesundheit Mitte zwanzig – all das prägte und formte mich.

Auch wenn mir das als Rebellin nicht so leicht über die Lippen gekommen wäre, aber in Deutschland habe ich mein Demokratieverständnis gelernt. Dort habe ich Ansichten fundiert, Wünsche gehegt und mich entwickelt. Jeder entwickelt sich eben zu…irgendwas.

Heute muss ich mich oft fragen, warum Idioten zu noch größeren Idioten werden. Wann vermisst jemand, dass er nicht der Mittelpunkt des Universums ist? Was ist mit solchen, die sich sicher sind, dass ihre Ansichten rechtens sind, ohne zu bemerken, dass sie rechts sind? Was zum Holocaust ist da schief gelaufen? Aber das soll nun nicht das Thema sein.

Wehmütig, in den Farben meines sommergesprossten Kindernäschens eingefärbt, sehnsüchtelte ich nach meiner Vergangenheit. Der Zeit, in der man noch gar keine Vergangenheit kennt. Schlichtweg noch keine hat.
Ich stöberte also  in den Ordnern meiner digitalisierten Kindheit, die ich kurz vor Umzug auf meiner externen Festplatte eingerichtet hatte und erinnerte mich. . .

Bumm – ich lachte und mich erschlich augenblicklich der Drang meiner „alten Kindergartentante“ schreiben zu müssen.

1)

...  Ich danke Ihnen für viele wichtige Erfahrungen

meiner Kindheit. Sie sind einer der Menschen,

die entschieden zu mir beigetragen haben!

 

 

Früher und heute

 

KikaAls Kind wollte ich Karla Kolumna oder Pippi Langstrumpf werden. Ach ja – oder Müllfrau, weil ich die LKWs so toll fand. Und ich wollte beim Kinderkanal arbeiten und Moderatorin sein. Und Diddl Mäuse malen wie Thomas Goletz, hexen wie Bibi Blocksberg, Lehrer sein wie Benjamin Blümchen, ein Detektiv wie Mickey, schreiben wie Erich Kästner, tanzen wie ein Schmetterling, rennen wie, … Und am liebsten alles zugleich. Zumindest aber wollte ich jeden Tag jemand anderes sein. Manchmal auch wie meine Freundinnen in der Grundschule, die nicht meine Freundinnen waren. 

Die fixen Ideen sind noch immer nicht verflogen (Fastnacht gibt es ja auch noch, obwohl sich meine Haltung, man dürfe alles sein, was man will, minimal relativiert hat.

Blöderweise bin ich viel zu oft viel zu sehr damit beschäftigt, mir einen Namen oder eine Bezeichnung für das auszudenken, was ich tue und ich gar nicht merke, wie unwichtig das was ist. Wie viel Zeit dieses Gedankenkarussell doch beansprucht. . .

Was sich als Kind in Magie und Fantastik äußerte, wurde als Jugendliche zu einem gefährlichen Grat zwischen Selbstliebe und Hass. Genug!, schrie mein Körper. Und ich hörte ihn.

Jeder ist Jemand! Ein Freund antwortete mal auf die Frage, was er denn jetzt eigentlich so den ganzen Tag über mache, dass er lebe! Das hat mir so gut gefallen, und ich bin so froh, dass er es tut!

Und deswegen blogg ich meine Gedanken platt und mache eine Pause. Vom: Was-machstn-du-so-Wirrwarr. Gestatten: Ich bin Pippi Langstumpf und faul sein ist wunderschön. Zumindest eine zeitlang. Einfach SEIN, zaubert Ideen. Antrieb. Magiemomente. 

An „was man darf“ und „was man kann“ haftet fest der Irsinnsfleck. Egal. Sprich: Ich kann! Das erregt die Phantasie und man bleibt dran! Nur was gar nicht geht, entscheiden immer die statt du. Schade. Lass es einfach nicht mehr zu.  „Eene mene meck, hinweg sei all der Dreck!“

Mein 2. Reim “Nun frage ich, was Kinder wissen müssen,
damit sie können dürfen. Wenn sie nur dürfen,
was sie sollen, dann sollen sie auch wissen 
wollen, warum sie können müssen.”

   (aus: Dichtverkehr, Die Erziehung eines Kindes)

 

Heute bin ich Pädagogin und bringe weitaus nicht die Leidenschaft und das Herzblut mit, das andere Erzieher*innen an den Tag legen. Solche, die es wirklich sein wollen. Warum ich das behaupten kann? Weil ich aufrichtig zu mir bin. Das habe ich als Kind so beigebracht bekommen. Und es trägt mich bis heute.

Ich bin gerne Erzieherin. Ich habe die Ausbildung als zweite Identitätsvollendung nach der Pubertät empfunden. Es war nicht immer leicht, aber wertvoll und wichtig. 

In der Zeit habe ich Menschen getroffen, von denen ich erfuhr, dass man immer wieder die Bekanntschaft mit wahren Freunden im Leben machen kann und dass man seine Ahnungs- und Ratlosigkeit nach einem achsotollen Abitur trotzdem mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung fixen kann. Ganz egal, was andere davon halten. („Du hast Abitur und lernst Erzieherin?“ Na, das hättest du ja auch ohne Abi machen können.“) 

Ich wollte nie Erzieherin werden. Ich wollte immer das Abi haben. Zwei Lebenswege. Beide mit dem Willen verknüpft, von dem das eine mir heute gar nicht mehr so wichtig erscheint. Und trotzdem habe ich beides getan. So ist das Leben. Es kommt einem einfach manchmal dazwischen und vor allem dann, wenn man es anders plant und will und soll oder kann.

In die Ausbildung habe mich dann hineinverliebt. Wie in einen schicken Schuh. Den gibt man auch so schnell nicht wieder her, wenn man ihn erstmal eingelaufen hat. Wir kamen eine zeitlang gut miteinander klar. Bis mir meine große Liebe wieder begegnete. Der Doc Marten unter den Schuhen: Das Schreiben.

Das Abi ist mein Hauspantoffel. Bequem, aber kein Muss.

Auch schlechte Vorbilder sind gute Vorbilder

 

Eltern können nicht immer alles richtig machen. Sie können auch nicht alles falsch machen. Wie beruhigend. Wenn sie aufrichtig zu ihren Kindern sind, läuft beides wie von selbst. Die Fehler, wie auch die Punktlandungen in der Erziehung.

Eine einfache Gleichung ist grundsätzlich: Eltern, Freunde, Menschen, die sich verantwortlich für eine Person fühlen, ohne sich dabei selbst aufzugeben und auch bei differenzierten Ansichten neben, bei und hinter ihr stehen, sind ein Sechster im Lotto.

Wie jeder leben sich Zukunftsplanungen durch Vertrauen, Toleranz und Verständnis immer geschmeidiger.

Vielfalt statt Einfalt. Menschen, die bedingungslos an Seiten anderer stehen, egal in welcher Lebensphase diese sich befinden mögen, ob aus Solidarität oder Nächstenliebe, als Straßenpassant oder Klassenkamerad, ob Omma oder Obdachloser, ob Flüchtling oder Kind, ob Beeinträchtigt oder Häftling, ob Lesbe oder Priester, ob Nazi – äh nein – keine Akzeptanz für Rassendistanzisten und was weiß denn ich in welchen Schubladen wir noch rumkramen wollen – sind groß!

Menschen, die andere Menschen mit ihren Wünschen, Sorgen, Ängsten und Nöten ernst nehmen und mitempfinden, sind ein Knaller! Aber durchaus nicht die einzigen, die das Leben braucht. Die Mischung macht’s. Hinterher weiß man immer (mehr) warum! #NoHate

Trotzdem: Ein Kreislauf, ein Zirkel aus Achtsamkeiten und aus gegenseitigem Respekts, angereichert in einem bunten Topf voller Honig – würde schon gut schmecken. Niedlich, nicht?! Dabei meine ich es ganz ernst. Honig ist wie Liebe. Natürlich süß.

 

Können wir uns nicht darauf einigen,

dass jeder gern in Liebe badet?“

Nina Hagen

 

Empathie kann man nicht lernen. Es ist ein Gefühl. Man hat es. Oder man nimmt sich selbst zu wichtig. Ich würde ohnehin die These aufstellen, dass derjenige in Liebe lebt (erzieht) und Empathie beweist, wer sich nicht allzu wichtig nimmt und sich stets im Gesamten betrachtet. Ein Hoch in diesem Zusammenhang auf alle, die emphatisch sind in diesen Zeiten und es Menschen auch beweisen. Ohne alle Eitelkeiten. Vorbildverdächtig. 

Meine Vorbilder sind Menschen, die über sich selbst lachen können, die hilfsbereit, aufrichtig und intelligent sind und die  Schwächen zugeben. Und konsequent sind. In all diesen Eigenschaften. Oder was meinst du? Welche Charaktereigenschaften braucht ein Vorbild? 

Wer Schlechtes erfährt, der lernt nichts Gutes! Das trifft nicht immer zu. Schlechte Eigenschaften kann man sich wunderbar von anderen abgucken, um sie selbst auszulassen. „Guck mal mein Schatz, der Mann rennt über die rote Ampel. Das machen wir jetzt nicht, weil es gefährlich ist. Wir laufen bei Grün!“ Danke schlechtes Vorbild!

Aber die Menschen sind eben nicht alle gleich. Ach doch? Vor dem Gesetz? Sagt wer? Die Verfassung?  Fein! Das sollte Frau sich merkeln! Und beim nächsten Mal eine Quellenangabe hinzufügen, wer wann wo spricht, dass nur Mann und Frau heiraten dürfen, und Papa, Mama, Mama – Papa, Papa, Mama keine Familie bilden würden!

Und bitte lassen Sie Gott und die Natur aus dem Spiel. Beide fühlen sich völlig missverstanden von so viel ungerechtmenschlichen Ungereimtheiten. Woher ich das weiß? Nun, Frau Beverfoerde, mit beiden habe ich mich vor Kurzem unterhalten. . .

Zurück zu den prägenden Ereignissen meines Lebens

 

Als Kind hoppste ich mit meiner Schwester in den Schnee. Wir rieben uns die Augen wund. Die Kälte machte uns Spaß. Mama packte uns in ein dickes Fell und schmierte uns Kinderkaufmannscreme um den Mund. Danach pulsierte das Blut. Die Gesichter spannten. Doch wir übergingen es. Und rannten. Mit dem Schlitten, den Teufelsberg hinab, um dann nach Stunden wieder Heimzukommen und mit unseren nackten Füßen die Sohlen gegen die Heizspiralen zu drücken und den heißen Kakao lauwarm zu pusten. 

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“Stil kann man nicht lernen, man selbst ist nämlich der Stil”, Truman Capote

Durch jede noch so kleine Begebenheit bin ich gewachsen. Viele Begegnungen haben mich verändert. Bücher haben mich skeptisch gemacht und weitergebracht. Mit allen Erfahrung habe ich mich weiterentwickelt. Schlechte und gute. Durch jeden einzelnen Menschen meiner (Um-)Wege. Besonders auf der Suche nach dem was ich bin. Und kann. Und will. Und möchte.

 

 

Der ILS

Weit über 9.000km Luftlinie liegen zwischen ihrem Geburts- und heutigem Wohnort.Jennifer Hilgert sagt über ihre…

Posted by ILS Institut für Lernsysteme on Freitag, 7. August 2015

 

 

 

trainierte mich in meiner Leidenschaft und ich bin etwas traurig, wenn ich daran denke, dass es Ende August vorbei ist.

Ich habe geschrieben und geschrieben. Getextet und gewerkelt. Ich hauchte meinem Stil Leben ein und und erkannte das Schreiben als Handwerk mit Ausdauer und Herzblut. Was ich bin?

Nun. Ich schreibe.

Was mir das Fernstudium gebracht/gezeigt hat.

 

Sei verrückt, 

sonst übernehmen es andere für dich. 

Blei(b) stark, indem du bist, was du willst! 

Und mach laut, wenn du was zu sagen hast.

 

7)

 


Danke für die Aufmerksamkeit!


 

Eure

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2 Gedanken zu „Fundstücke der Vergangenheit: Erinnerungen an die Kindheit und das, was man ist

  1. Anonymous sagt:

    Liebe Jenny, das liest sich ganz wunderbar gibt es das auch in Papier von Dir? Ich hab so gern ein Buch in der Hand. Ganz liebe Grüße deine mother in law

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