Gedankensplitter in der TrümmerSeele

Im November des Jahres 2015 habe ich mich an einer Ausschreibung beteiligt. Wie schon so viele Male zuvor. Eigentlich nichts besonderes. Mal habe ich mehr, mal weniger mit meinen Zeilen ins Schwarze getroffen. Mal fanden meine Worte mehr, mal weniger »Anklang«. Mit meiner Teilnahme am Sonderband »Trümmerseele«, einer Initiative des SternenBlick Projekts war alles anders, als bei meinen anderen Teilnahmen zuvor. Plötzlich sendetet ich nicht nur ein Gedicht ein, das mir am Herzen lag.

Ich leistete einen Beitrag. Meinen Beitrag.

#DichterfuerFluechtlinge 

»Schonungslos, berührend, sinnhaft – ein gemeinsames Zeichen für Toleranz!«

Das sind die Schlagworte, mit denen das Werk »TrümmerSeele« beworben wird. Ob nun auf seiner Hausseite oder der speziell für den Band angefertigten Website und dem dazugehörigen Hastahg: #DichterfuerFluechtlinge: Das Band will ein Zeichen setzen, eine Botschaft in die Welt hinaus tragen. »Gemeinsam für mehr Toleranz«. Eine Botschaft, an die man nur gemeinsam glauben kann. 12002279_1616226948638638_544551557900351214_n Und das tat man dann ganz offensichtlich. 400 Poeten reichten im Herbst 2015 mehr als 800 Gedichte ein. Die Sichtung, der letztendlich 136 ausgewählten Texte, war nicht ausschließlich überwältigend. »Eine emotional harte Auswahl steht hinter uns«, so die Herausgeberin Stephanie Mattner und Initiatorin des SternenBlick Projekts. Auch Michael Pilath, der sich seit mehr als 25 Jahren für die Belange von Kindern einsetzt; besonders bei der Integration schwarz-afrikanischer Kinder in Köln engagiert, ist mitverantwortlich für die 220 broschierten Seiten, die mit den ausdrucksstarken Illustrationen von Peter Starcke einen Sonderband bilden, der für Toleranz und Nächstenliebe steht, der aber auch Missstände des menschlichen Zusammenseins aufzeigt.

Dynamik des Grauens 

Als ich im Dezember erfahren habe, dass auch ich ein Teil dieses besonderen Werkes bin, wurde mir schlagartig die Tragweite der Thematik klar. Mit einem fetten Kloß im Hals sitzend , spürte ich erneut, dass es sich nicht um Fiktion handelte. Diese Thematik war keine Illusion. Die Flüchtlingsdebatte ist bittere Realität. Sie beinhaltet so viele Einzelschicksale, wie Menschen flüchten. #Verallgemeinerungen sind seit jeher Bullshit. Die Debatte sorgt für ständigen Gesprächsstoff. Und zwar nicht nur für die Politiker, die diese Debatten führen. Auch für die freiwilligen Helfer vor Ort in den Kommunen, die sich ehrenamtlich engagieren. Für die Polizei, die mehr und mehr in der Kritik steht. Ein ganzes Land gerät aus den Fugen. Ost und West teilt sich wieder. Man verlangt nach Mauern. Nach Grenzen. Rechtspopulistische Parteien haben Hochsaison. Alles schon mal da gewesen. Wieder ist alles vorhanden. Es wird geholfen, gehetzt, getrennt, verallgemeinert, verurteilt, verharmlost, dramatisiert und gezittert. Jeder ist der Senf. Und jeder tunkt ihn in einen großen großen Topf. Das Thema ist allgegenwärtig. In Deutschland. In Europa. In der Welt. Hier in San Francisco lobt man die Kanzlerin für ihre Entscheidungen. Die Menschen, mit denen ich rede, halten Angela Merkel für eine menschliche Politikerin. Eine Politikerin mit Herz. Auch wenn wir zur Zeit nicht regelmäßig, sondern nur in Abständen in Deutschland sind,  verfolgen wir mit Aufmerksamkeit, Vorsicht, (Des)Interesse und Würgereiz was passiert. Die Tagesschau berichtet von der Krise und der Welt daneben.

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aus dem Wer: VollVerdichtet – 66 Kurze

Wir lesen von Niederungen und Widerlichkeiten menschlichen Verhaltens. Und obwohl ich nicht ständig vor Ort bin, kann ich mir eine Meinung bilden, vor allem, weil ich nicht die BILD lese.

Mecklenburg-Vorpommern/ Das Schild der Bushaltestelle "Lichtenhagen" steht am Dienstag (07.08.12) in Rostock im Stadtteil Lichtenhagen, waehrend im Hintergrund das sogenannte Sonnenblumenhaus zu sehen ist. Mit einer Gedenkveranstaltung unter freiem Himmel, Demonstrationen, Ausstellungen und Podiumsdiskussionen erinnert Rostock in der kommenden Woche an den Brandanschlag auf das Asylbewerberheim in Lichtenhagen vor 20 Jahren. Allein zur oeffentlichen Kundgebung am 26. August 2012 werden mehr als 1.000 Teilnehmer erwartet, sagte ein Stadtsprecher. Auch Bundespraesident Joachim Gauck hat sich zu dieser Gedenkfeier angekuendigt. Vom 22. bis 24. August 1992 waren die in einem Wohnhaus in Lichtenhagen untergebrachten Asylbewerber - vorwiegend Sinti und Roma - von einem immer groesser werdenden Mob belagert worden, ohne dass die Polizei einschritt. Molotowcocktails setzten Wohnungen in Brand. Vor dem Feuer konnten sich die ebenfalls im Haus lebenden Vietnamesen in letzter Minute retten. Die Asylbewerber waren zu dem Zeitpunkt bereits ausquartiert. (zu dapd-Text) Foto: Danny Gohlke/dapd

Foto: Danny Gohlke/dapd

Gedankensplitter

Auch ich habe mir nach den neusten Geschehnissen meine Gedanken gemacht und gesplitterte Gedanken als Screenshots zusammengetragen, für die ich keine geringere Überschrift als »Willkommensgrüße« gefunden habe. Die einzelnen Aussagen, wenn es denn welche sind, haben keinen grundsätzlichen Zusammenhang und sie haben keinen Anfang. Kein Ende. Sie sind aus meiner Ohnmacht heraus entstanden. Meinem Unverständnis über Menschen, Aussagen, Ereignisse und Politik. Ich bin sprachlos, dennoch nicht gedankenlos. Ich bin erschüttert und zersplittert, aber noch lange nicht stumm. Das Leben anderer liegt in Trümmern, während Angsthasen auf ihm herumtrampeln.  Screenshot 2016-02-21 23.18.47 Screenshot 2016-02-21 23.21.25 Screenshot 2016-02-21 23.23.12

Hoffnung, die Krankheit der Mutigen 

Anderes lässt hoffen. So enthält der Sonderband »TrümmerSeele«, den ich letztendlich Anfang des Jahres in seiner vollen Wahrhaftigkeit in den Händen hielt, zwar einen bitteren Nachgeschmack, aber lässt auch bitter hoffen. Und Hoffnung ist sicher notwendig in diesen Zeiten. Selbstverständlich mit dem Potential zum Handeln. Ohne Handeln kein Hoffen. Ohne Hoffen kein Handeln.   10606230_522647394573284_1407209097014794184_n

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3 Euro von jedem verkauften Exemplar gehen in die Flüchtlingshilfe

(M)ein Beitrag

Was mich immer noch ununterbrochen umtreibt, was ich nicht loswerden will, was mich festhält, ist die Frage, was mir Lyrik oder Poesie eigentlich bedeutet und ob ich denke, dass die verknappte Sprachform eines Gedichtes der Flüchtlingsthematik gerecht werden kann. Ganz nach dem Interviewvorbild des »TrümmerSeelen« Lyriker und Rezensenten Michael Starcke, der sich hier zu seinem Gedichtsbeitrag geäußert hat. Hilgert: Für mich ist die Lyrik/Poesie etwas, was ich tief tief aus mir schöpfe. Es ist wie ein Fallenlassen innerhalb meines Geistes. Etwas, worüber ich wirklich nachdenke, bevor ich es aufsetzte. Was mich nicht loslässt. Etwas, das mich fesselt. Die Poesie ist alles. Auch dass, was nach der Liebe kommt. Ein Gedicht darf sich alles zum Thema machen. Somit ist es, in dem Moment, in dem es sich jemandem zuspricht, die gerechteste Sprachform der Welt. Für sämtliche Thematiken. Poesie kann die Welt nicht verändern. Nicht verbessern. Oder heilen. Aber sie kann heilsam auf jemanden wirken, der zur Veränderung bereit ist. Derjenige, der sich angesprochen fühlt im Geiste und die Welt als Heimat allen Lebens betrachtet, trägt den Funke der Liebe ohnehin in sich. Und wer den Funken der Liebe in sich trägt, der wird auch Poesie als eine tröstendes Pflaster versehen und sehen. Oder Musik. Oder Kunst. Oder oder oder. Ich wünsche mir, dass TrümmerSeele Tränen trocknet. Mut macht. Kraft schenkt. Hoffnung gibt. Ähnliches erwarte ich von meinen Gedichten. Sie sollen meine Aufrichtigkeit zeigen. Mein Innerstes nach außen kehren. Eine Brücke anbieten. Insbesondere »wellengang« soll einen Beitrag zur Flüchtlingsdebatte leisten. Es ist mein Beitrag. Für mich ist Poesie/Lyrik mein Beitrag. Nicht zu vergessen, dass ich eine große Hochachtung und meinen grenzenlosen Respekt denjenigen gegenüber zolle, die tagtäglich ihren Beitrag, anderweitig, nicht mit Worten, sondern mit anderen Taten leisten. Alle, die für das Gute »kämpfen«, ohne zu verletzen, handeln im Sinne der Menschlichkeit. Jeder, der im Sinne der Menschlichkeit handelt, trägt zur Liebe bei. Und die braucht die Welt wirklich. Wer das gesamte Interview von meiner Begegnung mit meinem Trümmerseelen Beitrag nachlesen möchte, der kann das in Kürze hier tun. Das Veröffentlichungsdatum werde ich in den nächsten  Wochen bekanntgeben. Ein Klick lohnt sich aber jetzt schon. Die Gedichtbegegnungen von Michael Starcke, Eva Gruber und Jürgen Brandner sind allemal lesenswert. Ich möchte diesen Blogpost mit den Worten von Stephanie Mattner beschließen,  die anführt, warum die Poesie einen wichtigen Beitrag leistet und immer geleistet hat. Und damit winke ich allen Dichterkollegen und Dichterkolleginnen herzlich zu:  

»Es gibt Zeiten, die erfordern Handlungen, Mut und das Bestreben jedes Einzelnen, dem Herz zu folgen und nach besten Kräften mitzuwirken. Diese Zeiten sind nun angebrochen. Krieg auf der Welt und schutzsuchende Menschen, die versuchen diesem zu entkommen.«

Jeder leistet seinen Beitrag auf seine Art und Weise. (*Den folgenden Beitrag bitte mit einem Schmunzeln der Nächstenliebe begegnen.)

Und wenn alles zu spät ist, dann können wir froh sein, wenn es noch Rührkuchen der Solidarität gibt.*


Vielen Dank für die Aufmerksamkeit

Bis dann!


Eure

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